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Is it all Greenwashing? - Dieser Frage geht Susanna mit Rene Wienholtz (LOOM IMPACT) nach.

Im vergangenen Jahr (2022) schloss der Economist seine Sonderausgabe zur Lage von ESG mit den Worten “ESG is at the moment exaggerated superficial guff” und bezeichnete es als “broken idea”. Auch die The New York Times resümierte daraufhin süffisant: “The current system for ESG investing is just regular capitalism at is slickest: ingenious marketing in the service of profits”.

Wir erleben gegenwärtig in der Diskussion um Sustainable Finance, Nachhaltigkeitsreporting und ESG-Kriterien empfindliche Backlashs. Nicht nur die New York Times und der Economist werfen der sich entwickelnden Sustainable Finance Industrie vor, dass sie ausschließlich an Greenwashing interessiert sei und somit gar keine Veränderungen bewirke. Neuerdings geht es auch Europas Nachhaltigkeitsagenda an den Kragen. Sabine Weyand, Handelsgeneraldirektorin der EU-Kommission, warnte kürzlich vor “grünem Protektionismus und extraterritorialer Regulierung”, der viele Länder Afrikas und Asiens mit den eigenen hohen Standards überrolle.

Der aktuelle und uns Deutschen vermutlich noch präsentere Greenwashing-Aufhänger passierte abseits von ESG & Investitionen und war der Verra "Skandal" im Februar 2023, der von der ZEIT und dem Guardian aufgedeckt wurde. Letztendlich war hier der Tenor: schwer nachzuweisende Wirkung des Geldes ("der Baum bleibt vermutlich durch diesen Euro stehen") und im Grunde keine Additionalität in Sachen CO2 Bindung. Und wir alle haben generell die Wirkung überschätzt. Alles zum Wohle des schnellen Geldes durch "leere" Zertifikate für ein gutes Gewissen der Firmen, die Schornsteine weiter laufen zu lassen.

Vieles davon stimmt leider für die größeren Zertifikatshandelsplattformen, jedoch ist das eigentliche Problem: Wir haben eine existierende Wirtschaft mit "Schornsteinen", die nicht alle morgen ihr Geschäft hinlegen können und erstmal einige Jahre nachdenken, wie man keinen Schornstein mehr braucht. Um also positive Effekte für den Planeten anzueilen braucht es zumindest als Interim das Mittel der Kompensation, da die Transformation der bestehenden Wirtschaft nicht von heute auf morgen passieren kann. Um den Zertifikatshandel allerdings nicht zu einer Farce verkommen zu lassen, braucht es daher eine transparente und echte Kompensation die auf mehr Transparenz, Ende-zu-Ende Nachverfolgbarkeit, Additionalität und realistische Impact-Modelle setzt.

Wir meinen: Viele dieser Beiträge sind wirklich wichtig, aber oft auch eindimensional – und damit manchmal irreführend. Weil sie - bewusst oder unbewusst - nicht erwähnen, welch langen Weg die Nachhaltigkeitsdebatte in den vergangenen 20 Jahren genommen hat und damit auch alle Fortschritte verkennen, die tatsächlich gemacht worden sind.

In nahezu jedem Unternehmen, das strategisch über Risikobewertung nachdenkt, sind Nachhaltigkeitsthemen inzwischen Topthemen. Im grünen Markt stecken nicht mehr nur idealistische Hoffnungen, sondern auch substanzielles Kapital. Das ist allein daran zu erkennen, dass es überhaupt "Greenwashing" gibt: Das Mitmachen scheint sich zu lohnen!

EU

Zur EU Taxonomie

Betrachtet man die Greenwashing Debatte im Segement der ESG-Investitionstätigkeit, dann geht es vorrangig um die Kritik, dass die Taxonomie erlaubt, dass auch Portfolios die nicht konkret "öko-sozial" fokussierte Unternehmen beinhalten, den ESG Artikel 8 Stempel bekommen und damit "nachhaltig" sind. Das grundlegende Problem der Greenwashing Vermutung ist darin begründet, dass bis auf wenige Expert*innen kaum jemand Interesse daran zeigt (oder auch in der Lage ist) die EU-Taxonomiekriterien zu verstehen.

Aus Laien-Sicht gilt also verständlicherweise beim Betrachten eines ESG-Fonds zum Beispiel "da steht nachhaltig drauf, also ist meine Erwartung, dass das die Welt aktiv ein Stück besser macht". Das ist aber nicht die Aussage der Einordnung in die EU-Taxonomie, sondern diese sagt sehr vereinfacht ausgedrückt nur “die hier enthaltenen Firmen/Werte haben sich zu ihrem ökologischen Footprint geäußert und geloben Besserung”. Der Anspruch der Taxonomie und die Erwartung der Investierenden klafft schlichtweg auseinander. Die Greenwashing-Vermutung basiert also auf einem großen Missverständnis im ESG Segment.

II

Impact Investing

Schaut man sich die Handelnden im Impact Investing an, dann sieht man schnell, dass der Verdacht des Greenwashings, also der beschönigenden Darstellung der Leistung, eher gering ist. Der Zweck dieser Unternehmen definiert sich zum großen Teil genau in der nachweislichen Wirkungsleistung im sozialen oder ökologischen Umfeld. Sicher mag nicht jede Modell-Annahme zutreffen (wie bei Businessplänen übrigens auch), aber die intrinsische Motivation Gutes zu leisten, und das in einem auch wirtschaftlich lohnenswerten Maß, ist zweifellos gegeben.

Fazit

Die ESG-Kriterien sind keine "broken idea", wie der Economist meint, sondern ein Zwischenschritt auf dem Weg in ein verändertes Wirtschaften. Sie geben uns eine gemeinsame Sprache für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung, sie ermöglichen es, uns über diese Themen auszutauschen und gemeinsam darauf hinzuarbeiten. Dabei wissen wir genau, dass wir noch am Anfang sind. Aber wir wissen genauso gut, dass große Transformationsprozesse Jahrzehnte dauern. Es wird noch sehr viel Forschung und praktische Erfahrung brauchen um Greenwashing eindeutiger erkennen zu können. Wir finden das eine lohnenswerte Aufgabe.

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Susanna Krüger
Artikel von Susanna Krüger
28. September 2023