Im Podcast “Das Neue Geben” haben Felix und Janina mit Verena Pausder gesprochen. Zur besseren Lesbarkeit wurde das Gespräch an einigen Stellen gekürzt und angepasst. Das vollständige Interview kannst du dir hier anhören:
Verena Pausder ist Unternehmerin und eine der führenden Persönlichkeiten der deutschen Gründerszene. Seit Dezember 2023 ist sie Vorstandsvorsitzende des Startup-Verbands und setzt sich leidenschaftlich für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland ein. Als treibende Kraft innerhalb der Startup-Szene engagiert sie sich unter anderem aktiv für digitale Bildung, den Zugang zu Spätphasen-Kapital und trägt zur Stärkung des Unternehmertums bei.
Zusätzlich ist sie eine führende Stimme für digitale Bildung in Deutschland und gründete 2017 den Verein Digitale Bildung für Alle e.V. Verena übernahm im Juli 2022 die Frauenmannschaft des FC Viktoria Berlin, um den Frauenfußball in Deutschland nachhaltig zu stärken. Ihr Buch "Das Neue Land" wurde zum Spiegel-Bestseller und sie moderiert den erfolgreichen Podcast "FAST & CURIOUS", der zu den Top 10 der deutschen Business-Podcasts zählt. 2016 wurde sie vom Weltwirtschaftsforum zum "Young Global Leader" ernannt und 2018 in die Forbes Europe’s Top 50 Women In Tech Liste aufgenommen.
Ich hatte schon von früh an als Kind eine Affinität zum Sparen und Geldanlegen. Das kam hauptsächlich über meinen Vater, der meine Schwester und mich schon sehr früh mit unseren Münzen zur örtlichen Sparkasse geschickt hat und gesagt hat: “Kauft euch davon mal Bundesschatzbriefe”. Und jetzt ist es trotzdem so, dass ich glaube, dass die Prägung oder das Elternhaus nur bedingt eine Rolle spielen. Weil meine Schwester immer die Sparsame war und ich habe eigentlich übertrieben gesagt, als Kind über meine Verhältnisse gelebt. Ich hatte immer dieses Urvertrauen: Ja, dann werde ich das halt schon irgendwie wieder reinverdienen. Das hat mich in meinem Leben teilweise auch echt unter Druck gesetzt, weil ich gemerkt habe, dass meine Träume manchmal größer waren, als mein Geldbeutel. Dann musste ich eben noch schneller rennen und das wieder reinholen. Aber dadurch habe ich natürlich auch einen Antrieb entwickelt, zu sagen, ich möchte unabhängig sein als Frau. Ich möchte nicht von jemand anderem abhängig sein. Und diese Unabhängigkeit habe ich bis heute.
Ich habe einfach eine unglaubliche Neugier in mir. Wenn also jemand zu mir kommt und sagt, “Ich muss dir was ganz Spannendes erzählen, weißt du, welche Innovation gerade in Deutschland durchbricht” oder “Weißt du, welches Startup gerade gegründet wurde?”. Dann ist mein erster Impuls: Erzähl mal. Und ich empfinde eine hohe Verantwortung, dass wir uns aktuell mehr fragen sollten, was kann ich für mein Land tun, als nur zu sagen, was uns eigentlich zustehen müsste. Das empfinde ich natürlich besonders so, weil ich sehr privilegiert aufgewachsen bin. Nicht in dem Sinne, dass wir da jetzt irgendwie mit Geld überschüttet wurden, sondern dass Bildung einfach eine große Rolle gespielt hat. Meine Eltern waren gesund. Sie hatten die Möglichkeit, viel Zeit mit uns zu verbringen und uns eine Vielzahl von Dingen beibringen. All das ist für mich so ein bisschen der Grund zu sagen: Mensch, dann geht es mir ja richtig gut. Dadurch habe ich vielleicht mehr Energie als andere, um etwas zurückzugeben. Diese Einstellung habe ich eigentlich schon immer gehabt. Ich glaube, dass es ein Geben und Nehmen ist und dass diejenigen, die mehr haben, auch mehr geben können.
Mit meinem Exit bei Fox & Sheep hat sich natürlich die Summe, mit der ich mich engagiere, erhöht und auch die Anzahl der Projekte. Das war jedoch nicht der initiale Trigger, sondern die Verantwortung habe ich schon immer gespürt. Seit dem Verkauf meines Unternehmens habe ich meine Engagements deutlich strukturierter gestaltet. Dazu zählen unter anderem Ashoka, German Dream, HÁWAR.help, meine bcause-Stiftungen, Digitale Bildung für alle e.V. sowie Wir für Schule. Ich könnte jetzt noch weitere Projekte aufzählen, bei denen ich mir Gedanken gemacht habe, wie ich sie nicht nur als einmalige Aktionen umsetzen kann, sondern eine nachhaltige und langfristige Wirkung erziele.
Ich sehe meine Rolle absolut als diejenige, die auf die Verantwortung jenseits des eigenen Unternehmens hinweist. Aber da muss differenziert werden, weil die Startup-Szene sowohl aus Unternehmen besteht, die gestern gegründet haben als auch morgen ihren IPO machen. Es wäre also nicht angemessen, von allen zu erwarten, sich gesellschaftlich stärker zu engagieren, weil allein schon Unternehmertum und Gründen in diesem Land toll sind und wir davon zu wenig haben. Und warum ist es mir wichtig? Ich komme ja selber aus einem Familienunternehmen und mag diese Differenzierung nicht zwischen dem Mittelstand, der die Verantwortung trägt und das Rückgrat unserer Gesellschaft ist und den Startups, die neu, jung und wild sind, Verluste machen und sich erstmal beweisen müssen. Für mich sind das alles Unternehmerinnen und Unternehmer, die mit großem Engagement ihre jeweiligen Unternehmen nach vorne bringen wollen. Deswegen möchte ich zeigen, dass auch die Startup-Szene eine Verantwortung empfindet und sich gesellschaftlich interessiert und involviert. Gleichzeitig möchte ich den Mittelstand hervorheben, um zu zeigen, dass auch er seit Jahrzehnten Stiftungen und gemeinnützige Initiativen unterstützt und dadurch eine Blaupause liefert. Und das treibt mich an, wenn man ein Unternehmen gründet und es sich leisten kann sich gesellschaftlich zu engagieren.
Aus meiner Sicht geht es nicht darum, dass wir uns alle in der Mitte aufhalten und bloß keine Ausreißer nach oben oder unten. Sondern ich denke mir, wenn Menschen spenden und etwas zurückgeben, dann darf nicht unser Reflex in Deutschland sein: “Wieso hat die überhaupt so viel oder will die sich damit irgendwie hervortun?”. Ich denke wir sollten mehr Selbstverständlichkeit in das Thema bringen und das schaffen wir eben auch, indem wir selbstverständlich darüber reden. Ganz häufig denken Menschen, sie müssen vermögend sein, um zu spenden und Stiftungen zu gründen. An den bcause-Stiftungen habe ich aber gemerkt, dass Menschen sich engagieren, wenn man ihnen einfache Möglichkeiten gibt, z.B. durch eine Geburtstags-Spendenaktion oder einem Aufsteller auf einem Event. So wird es in die Mitte der Gesellschaft geholt und für die breite Öffentlichkeit sichtbar gemacht. Im Idealfall hat dann jede*r irgendwann seine*ihre eigene Stiftung und Spenden werden demokratisiert.
Also ich glaube, da war jetzt alles drin. Im Prinzip ist der Call to Action, wenn man sich die aktuelle Lage weltweit vor Augen führt, nicht in Schockstarre verfallen und zu denken: “Was kann ich denn tun? Ich bin doch hier nur so ein kleiner Mensch in Deutschland”, sondern selbstwirksam werden. Auch wenn es nur in meinem ganz kleinen Umfeld ist. Für diejenigen mit einem größeren Umfeld gibt es natürlich mehr Möglichkeiten. Und ob du dann eine bcause-Stiftung gründest, dich ehrenamtlich engagierst oder in die Kommunalpolitik eintrittst, Hautsache du leistest einen Beitrag, wenn du kannst. Denn eine Demokratie, die hat man nicht, die macht man. Und das wünsche ich mir von uns allen.
Wenn du noch mehr über Verenas Ansichten und Erfahrungen hören möchtest, kannst du dir das komplette Interview als Podcast anhören. Die Podcastfolge findest du weiter oben oder auf Spotify.
Bei Fragen und Anmerkungen schreib uns gerne unter community@bcause.com.
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