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Das Neue Geben - Der bcause Newsletter 11/24

Geschrieben von Felix Oldenburg | Nov 11, 2024 7:43:00 AM

Ausgabe Nr. 8 über Erbschaftssteuer, Kritik am 'effektiven' Geben und den 'Hoarding Pledge'

Einmal im Monat teilt bcause Co-Gründer und Geschäftsführer Felix Oldenburg seine Gedanken und Denkanstöße zu den kleinen und großen Fragen rund um Großzügigkeit, unseren Umgang mit Geld und den vielen Menschen und Organisationen, die unsere Welt verbessern wollen.

Liebe Leser*innen,

fast immer, wenn man in den Medien über Menschen liest, die viel geben, überwiegen in den Online-Kommentaren Aussagen wie “das ist doch viel zu wenig im Vergleich zum Vermögen”, “das ist doch vermutlich ein Steuertrick”, “solche Vermögen sollte es gar nicht geben” oder “das hätte doch der Staat machen müssen”.

Normalerweise feiere ich das Geben in diesem Newsletter. Aber manchmal ist es nützlich, das eigene Thema von der anderen Seite zu sehen. Nein, nicht so wie in solchen Kommentaren. Aber heute habe ich drei Geschichten herausgesucht, die zum kritischen Nachdenken darüber anregen, wo das Geben anfängt und wo es aufhört.

Viele Grüße,

 

Eine Zahl, die im Kopf bleibt

€7 Mrd.

Warum spenden, wenn man einfach Steuern zahlen kann? Das hat sich vielleicht der kürzlich verstorbene ägyptische US-Milliardär Fayez Sarofim gefragt. Warum nur “vielleicht”? Weil wir es nicht genau wissen, woher eine einzelne Erbschaftssteuer-Zahlung in Höhe von €7 Mrd. stammt, die ein Journalist in einer öffentlichen Liste des Bundesstaates Texas gefunden hat. Es ist so einfach geworden, die Erbschaftssteuer zu vermeiden, dass die Zahlung einer so hohen Summe schon fast freiwillige Zahlung, als Spende an den Staat verstanden werden muss. Das passt zu Sarofim, der immer wieder gesagt hat, wie dankbar er seiner Wahlheimat ist für die Chancen, die sie einem Einwanderer wie ihm gegeben hat. Oder steckt hinter der Zahlung vielleicht doch Elon Musk?

Hier gehts zur kompletten Geschichte

 

Eine Person, die mich inspiriert

Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) war eine faszinierende Persönlichkeit: Epileptiker, Bierbrauer, Romanautor, sogar Gründer eines Illuminaten-Ordens. Und der vielleicht einflussreichste Wegbereiter der Reformpädagogik. Und er konnte bildgewaltig formulieren!

Thomas Gebauer zitiert ihn als Unterstützung für eine heftige Kritik am “effektiven” Geben, die ich sehr lesenswert finde. Er argumentiert mit Pestalozzi, dass wir sogar noch hinter die französische Revolution zurückfallen, wenn wir durch private Großzügigkeit die Rechtsansprüche auf staatliche Leistungen untergraben und Ungleichheit nur stabilisieren. Mit der Hilfsorganisation medico hat er eine Art kritischen Hilfebegriff entwickelt, der diese “zugleich verteidigt und zu überwinden versucht”. Ein Beispiel dafür ist die (auch privat finanzierte) Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen, für die Thoma Gebauer 1997 den Friedensnobelpreis entgegen nahm.

 

Eine Idee zum Weiterdenken

 

Hoarding Pledge.

Vor zwei Wochen war ich zum Dinner mit Bill Gates in Berlin eingeladen. Ich musste leider kurzfristig absagen (meine Podcast Co-Host Janina Breitling war als der Gates-Goalkeepers da), aber ich hätte ihn gern auf die Kritik vom NYU-Professor Scott Galloway angesprochen. Der hat sich genauer angesehen, dass sich das Vermögen der meisten Unterzeichner des “Giving Pledge” viel schneller vermehrt als sie es durch Spenden abbauen - obwohl sie damit versprechen, die Hälfte davon zu Lebenszeiten wegzugeben. Die 73 Mitglieder des Pledge, die 2010 alle Milliardäre waren, haben ihr kollektives Vermögen in den letzten zehn Jahren verdreifacht. “Hoarding Pledge” wäre also eine besserer Name.